Da eine meiner Töchter sich gerne mal ans Meerschweinchen züchten wagen wollte, waren wir letztens bei Bekannten, die Meerschweinchen abzugeben hatten. Wir wollten ein Männchen und ein Weibchen. Doch diese Bekannten hatten nur zwei Männchen abzugeben, die sie nicht trennen wollten und ein Weibchen. Nach kurzer Überlegung entschlossen wir uns, alle drei zu nehmen. Da wir jedoch keine Dauervermehrung riskieren wollten, beschlossen wir, das eine Männchen kastrieren zu lassen. Nach einer Kastration sind die Tiere noch 4-6 Wochen zeugungsfähig, so dass wir nicht alle Tiere mitnehmen konnten. Meine Tochter war so sehr darauf eingestellt, an diesem Tag ein Tier mit nach Hause zu nehmen, dass wir uns breitschlagen ließen, das Weibchen schonmal alleine mitzunehmen. Da Meerschweinchen jedoch Herdentiere sind, hatte ich von Anfang an kein gutes Gefühl dabei. Aber wir glaubten zu dem Zeitpunkt daran, dass das mit der Kastration alles schnell gehen würde und das Weibchen somit nicht allzu lange alleine sein würde. Doch letzten Endes dauerte es doch alles länger und mein Gefühl wurde immer schlechter. Dazu hatte ich mich im Internet und beim Tierarzt nochmal schlau gemacht und bin zu der Erkenntnis gekommen, dass es für das Tier wirklich nicht gut ist, alleine zu sein. Also beschlossen wir (die Eltern), es wieder zu ihren alten Besitzern zurück zu bringen, bis die Männchen soweit waren. Aber unterbreite diesen Beschluss deinem Kind, was sein Herz bereits an dieses Tier verloren hatte. Nach vielen Tränen und Erklärungsversuchen kam in mir die Frage auf: "Du liebst doch dieses Tier, oder?" "Natürlich!", schluchzte unsere Tochter. Darauf antwortete ich ihr, das Liebe auch manchmal bedeuten kann, jemanden loszulassen, damit es diesem gut geht!
Da sie unbedingt wollte, dass es dem Meerschweinchen gut geht, beruhigte sie sich und willigte schließlich ein, das Tier kurzzeitig wieder abzugeben.
Dieser Satz, den ich meiner Tochter gegenüber sagte, lief mir nach und es fielen mir Situationen ein, in denen ich selber gefragt war, aus Liebe loszulassen und ich erinnerte mich daran, wie schwer das war. Man versteht unter Liebe ein positives Gefühl, das zwei Menschen miteinander teilen. Sie sind beieinander, erleben schöne Dinge... Aber nicht unbedingt jemanden los-, bzw. frei zulassen. Doch damit werden wir immer wieder konfrontiert, weil die Vorstellungen und Bedürfnisse von jedem einzelnen so individuell und anders sind und oft unseren eigenen entgegen stehen. Für meinen Mann z.B. bedeutet Liebe, die meisten Dinge im Alltag gemeinsam zu machen. Auch für mich ist das grundsätzlich ein hoher Wert. In der Zeit meiner Erschöpfung brauchte ich viel Ruhe und Zeit für mich und ich hatte oft das Bedürfnis, mich zurückziehen zu müssen. Dies verunsicherte meinen Mann, weil er das Gefühl hatte, dass ich mich von ihm zurückzog. Als wir darüber sprachen und ich ihm die Situation erklärte, verstand er, dass er mich in diesem Punkt loslassen und mir meinen Rückzug geben musste und das es kein Rückzug von ihm war oder es etwas Negatives für unsere Beziehung bedeutete. Im Loslassen liegt die Angst, jemanden zu verlieren. Doch oft ist genau das Gegenteil der Fall. Lassen wir den anderen los, fühlt er sich glücklich und gut und gleichzeitig werden wir stärker miteinander verbunden.
Ein tolles Vorbild für das Loslassen aus Liebe finden wir im zweiten Buch der Bibel, dem zweiten Buch Mose. Mose, ein Israelitisches Kind, war gerade geboren, als von dem Pharao der Erlass erging, alle neugeborenen Jungen zu töten, weil sich ihm das israelitische Volk zu stark vermehrte. Wie muss das Mutterherz von Jochebed, der Mutter von Mose, geschmerzt haben! Natürlich versuchte sie ihr Kind vor diesem schrecklichen Unglück zu schützen. Doch die einzige Chance, das Kind zu retten, bestand für sie darin, ihn loszulassen. Also machte sie ein Weidenkörbchen, legte ihn dort hinein und setzte ihn aufs Wasser und ließ ihn davon schwimmen, in der Hoffnung, dass ihn jemand fand und somit rettete. Aus Liebe ließ sie ihr Kind los, um sein Leben zu retten! Und um ein bisschen zu spoilern: niemand geringeres als die Königstochter, fand Mose im Schilf und nahm ihn, als ihr Kind, an den Königshof auf. Doch da sie das Kind selber nicht stillen konnte, suchte sie eine Frau, die dies konnte. Miriam, die Schwester von Mose, die von ihrer Mutter beauftragt wurde, ihren kleinen Bruder im Auge zu behalten, bekam dies mit und schlug ihre Mutter, ohne zu verraten, dass es die leibliche Mutter war vor, das Baby zu stillen. Bis Mose entwöhnt war, kam er so also wieder zu seiner eigenen Mutter zurück. Dann musste sie ihn wieder zum Königshof bringen. Aber sie hatte so noch einige sehr intensive Jahre mit ihrem Kind und wusste, dass sein Leben gesichert, und er am Königshof sogar bestens versorgt war und die besten Chancen für seine Zukunft hatte.
Jochebed ließ los, und bekam wieder etwas zurück! Das ist natürlich keine Garantie nach dem Motto: Ich lasse jetzt los, um dann noch etwas dazu zu gewinnen.
Aber ich denke, dass es trotzdem lohnenswert ist, sich auf diesen Prozess einzulassen! Was sind deine Situationen, Personen, die du loslassen musst? Oder hast du schon Erfahrungen mit dem Loslassen aus Liebe gemacht? Dann lass mich gerne daran teilhaben.
Und wenn ich dich mit der Geschichte von Jochebed und Mose neugierig gemacht habe, lies sie doch einfach selber nochmal nach (2.Mose Kapitel 1&2)
In diesem Sinne wünsche ich dir wundervolle Erlebnisse beim Wahnsinn des Loslassens! Deine Danny
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